Naturpark Fanes-Sennes-Prags

Lebensraum Naturpark

Geologie

Geologie
Pices Fanes

Die Hochflächen von Fanes und Sennes sind von nach außen steil abfallenden Randgebirgen umgeben. Die Gesteine dieser Hochflächen sind circa 225 bis 190 Millionen Jahre alt - in geologischen Zeiträumen gerechnet handelt es sich aber um "junges" Gestein. Sie setzen mit dem Hauptdolomit ein, der etwa die Gebirgsränder des Val de Mareo, den unteren Teil der Hl. Kreuzkofelgruppe im Westen und die Conturines im Süden des Parks aufbaut. Darüber folgen der rhätische Dachsteinkalk und die Graukalke (Jura), die das Landschaftsbild entscheidend prägen: die Gipfel der Hohen Gaisl, des Seekofel, der Hl.-Kreuzkofel-Gruppe, La Varela und des Col Bechëi werden von den hellen und deutlich gebankten Kalke dieser beiden Formationen aufgebaut.
Infolge tektonischer Verformungen während der alpinen Gebirgsbildung wurden die Kalkformationen teilweise wirr verbogen und zerknetet, ein anderes Mal lagern sie wie Treppenstufen eines Amphitheaters. Bei steiler, hangparallel einfallender Schichtung, wie zum Beispiel am Zehner, Neuner, M. Stiga oder Seekofel, sind oft ganze Gesteinspakete abgeglitten (Schichtflächenbergsturz) und haben am Hangfuß zu Bergsturzmassen aus hausgroßen Blöcken („steinerne Städte“) geführt.

Am Limosee sowie an den Südflanken der Bergkette Cima Parom-Sas dai Beć (Gran-Fanes) stehen rötliche Ammonitenkalke mit Versteinerungen der spiralförmigen Ammoniten an. Graue und rötliche, stark gefaltete Kreidemergel werden vom Weg unterhalb der Faneshütten angeschnitten. Diese Kreidemergel sind tektonisch in den älteren Graukalken eingesenkt. Die jüngste Meeresablagerung der Dolomiten finden wir am Col Bechei (2793 Meter) oberhalb des Limosees. Im Tertiär (Oligozän), als die Alpenfaltung schon voll im Gang war, ließ ein letzter Meeresvorstoß in diesem Bereich Breccien, Konglomerate, Sandsteine und Kalke zurück, worin sich Balaniden (Muschelkrebse), Reste von Rotalgen, Bryozoen (Moostierchen) und Foraminiferen (Kammerlinge) finden.

Wie kein anderes Gebiet der Dolomiten sind Fanes, Sennes und Fosses vom Karst geprägt. Die im Wasser gelöste Kohlensäure hat vor allem den Dachsteinkalk und die Graukalke, aber auch den Hauptdolomit angegriffen und aufgelöst. Die Entstehung von Höhlen geht ebenso auf Kalk- beziehungsweise Dolomitlösung (zum Beispiel Conturineshöhle) im Untergrund zurück.
Fast alle klassischen Elemente des Karstes können hier beobachtet werden: Rinnen- und Kluftkarren, Spalten, Schächte und Dolinenbecken, in denen sich - oft nur periodisch - Seen bilden, weiters trichterförmige Schlucklöcher, durch welche die Bäche in den Untergrund verschwinden, um weiter talwärts auf wasserstauenden Schichten in starken Karstquellen hervorzubrechen sowie blind endende Trockentäler als Zeugen einstiger oberflächlicher Entwässerung. Die Karstbildung geht zumeist auf die voreiszeitlichen Wärmeperioden zurück, sie hält jedoch bis heute an.

Unterirdische Entwässerung und Karsterosion prägen weithin das trockenöde Bild der windgepeitschten Hochflächen. Umso erfrischender erscheinen die grünen Mulden, in denen Quellen hervorsprudeln und Bergseen schimmern - so etwa im Wassergarten unterhalb des Grünsees/Lé Vërt. Aus Hunderten von Klüften und Rinnen gurgelt und plätschert es, an den niedrigen Kaskaden grünen Quellmoose.

Steht das Wasser niedrig, lässt sich am Nordostufer des abflusslosen Piciodel Sees oftmals das große trichterförmige Schluckloch sehen, durch das der Bach in den Untergrund entschwindet. Erst nach zwei Kilometern quillt es bei Pederü wieder an die Oberfläche - um im Val de Mareo ein weiteres Mal unter Schutt und Gestein zu versiegen. Erst beim Kreidesee quillt es dann aus vierzig Quellen hervor - ein einzigartiges Naturschauspiel.

Fauna

Fauna
Rothirsch

Die Fauna des Naturparks Fanes-Sennes-Prags gilt als repräsentativ für die Dolomiten. Ausschlaggebend dafür ist die Vielfalt an Lebensräumen in ruhigen, abgelegenen Tälern und schwer zugänglichen Berggebieten: Nadelmischwälder, ausgedehnte Hochflächen, traditionell bewirtschaftete Almen, unwegsame Kare, steile Felsen, klare Bäche, Moore und Seen.
Die Vegetationsstufen reichen vom montanen Bergwald in Talnähe bis zur Felsregion über 3000 Meter. Die Tiere haben ihre Lebensweise auf faszinierende Weise den kargen, extremen Bedingungen angepasst.

Die Bewohner des Bergwaldes

Weite Nadelmischwälder mit den darin eingestreuten Lichtungen und Lärchenwiesen sind die idealen Lebensräume für das Reh. Seit einigen Jahrzehnten ist der hier zu Beginn des 19. Jahrhunderts bereits einmal ausgerottete Rothirsch zurückgekehrt. Hirsche leben zumeist in nach Geschlechtern getrennten Rudeln. Nur zur Brunftzeit im Herbst finden die Hirsche und die Hirschkühe Gefallen aneinander. Dann tönt das mächtige Röhren durch die Wälder und die Geweihe krachen bei Rivalenkämpfen aneinander.

In der Dämmerung durchstreifen Fuchs, Dachs, Edel- und Steinmarder die Wälder und Fluren nach Beute. Als nachtaktive Tiere bekommt man sie selten zu Gesicht. Häufiger sieht man das Eichhörnchen, das im Herbst unablässig damit beschäftigt ist, seinen Wintervorrat an Nüssen und Samen anzulegen. Typische Waldbewohner sind auch das Haselhuhn und das Auerhuhn; sie benötigen einsame unterholzreiche Wälder und reagieren auf jede Störung ihres Lebensraumes sogleich mit drastischem Rückgang der Population.

An der Waldgrenze

An seiner oberen Höhengrenze ist der Wald besonders stark von holzigem Unterwuchs begleitet. Mit zunehmender Höhe gewinnt das so genannte Krummholz gegenüber den Bäumen bald die Oberhand. Diese Zone wird auch Kampfzone genannt, weil die Bäume immer schwierigere Lebensbedingungen vorfinden und nur mehr mit Mühe gedeihen, bis sie schließlich ganz ausbleiben. Ein typischer Bewohner des lichten Krummholzgürtels ist das Birkwild. Der "kleine Hahn" ist wegen seiner leierförmigen Schwanzfedern leicht vom großen Auerhahn zu unterscheiden

Der Zwergstrauchgürtel und die Grasheiden bis hinauf in die Felsbereiche sind auch der Lebensraum des Schneehasen, der sich gegen Ende der Eiszeit aus den tundraähnlichen Ebenen in die Alpen zurückgezogen hat. Auf der Suche nach Essbarem scharrt er Gräser und Wurzeln unter der Schneedecke frei. Die langen, weit spreizbaren und mit steifen Haaren versehenen Zehen ermöglichen eine optimale Fortbewegung auch im Schnee.

Alpine Rasen

Symboltier des Naturparks ist zweifellos das Murmeltier. Es ist auf den steinigen Grasheiden von Fanes und Sennes, aber auch im Bereich der Plätzwiese in großer Zahl verbreitet. Sehr oft lässt es sich sogar vom Steig aus beobachten, allerdings nur mit Ruhe und Vorsicht, ansonsten hallt der schrille Pfiff des "Wächters", und die Tiere flüchten in die sicheren Bauten. Die Warnpfiffe gelten freilich in erster Linie als Schutz vor dem Steinadler, zu dessen bevorzugten Beute diese perfekt an das Hochgebirge angepassten Nagetiere zählen.

Fanes, Sennes und die Pragser Dolomiten sind hervorragende Gamsbiotope. Abgesehen von der Brunftzeit (zu Beginn des Winters) leben die Böcke allein. Die im Sommer auf den grasigen Karen relativ leicht zu beobachtenden Gamsrudel setzen sich grundsätzlich nur aus Geißen und Jungtieren zusammen.

Flora

Flora
Armentarawiesen

Das Gestein und der Boden, die Höhenstufen und das Mikroklima bedingen die Art und die Vielfalt der Pflanzengesellschaften.

Die Wälder

Den Großteil der Waldfläche nehmen die Fichtenwälder ein, die von ungefähr 900 bis 2000 Meter hinaufreichen und gegen die Waldgrenze hin mehr und mehr mit Lärchen und Zirben durchsetzt sind. An den trockenen und schuttreichen Hängen des Höhlensteintales und des Val de Mareo finden wir die relativ anspruchslose Rotföhre.In den eher lockeren Bergwäldern gedeiht ein üppiger Unterwuchs, dessen Zusammensetzung durch die saure Humusschicht bedingt ist (Heidelbeere, Preiselbeere und Alpenrose). Die dem lichten Bergwald folgende Krummholzzone wird durch das häufige Vorkommen der Latsche geprägt. Mit ihrem bis zu zehn Meter langen und stark verästelten Wurzelsystem trägt diese Kiefernart sehr zur Befestigung steiler Hänge und Geröllschutthalden bei.

Bergwiesen und Almen

Ein Großteil des Schutzgebietes wird von Almen und Bergwiesen bedeckt. Eine großartige Artenvielfalt prägt diese durch menschliche Nutzung entstandenen Lebensräume. An trockenen Stellen der extensiv bewirtschafteten Bergwiesen sind Arnika, Enzianarten, Orchideen, Wiesenknöterich und Gold-Pippau anzutreffen. Werden die Flächen zu stark beweidet, gewinnen trittunempfindliche und vom Vieh verschmähte Arten wie die Rasenschmiele und der Bürstling die Oberhand.

Alpine Rasen und Schutthalden

Zwischen 2000 und 2800 Metern Meereshöhe finden wir mehr oder weniger geschlossene Matten oder Rasengesellschaften. Die Kalkrasen der Dolomiten setzen sich aus Blaugras und Immergrüner Segge zusammen, daneben sind die Silberwurz und die Polstersegge häufig anzutreffen. Charakteristisch für die Dolomiten sind auch das stark verbreitete Drachenmaul, die Dolomitenschafgarbe, die Kugelblume und stellenweise das Edelweiß. Eine Reihe von "Spezialisten" wie der gelb blühende Rhätische Mohn und das Rundblättrige Täschelkraut besiedeln die oft weit in die Talsohle hinunterreichenden Schuttkare.

Felsspalten

In Felsritzen und -spalten, aber auch auf nacktem Gestein, vermögen nur "Spezialisten" Fuß zu fassen. Dazu zählen verschiedene Polsterpflanzen, die Schopfige Teufelskralle, das Edelweiß und das Dolomitenfingerkraut. Daneben halten sich hier noch der Dolomiten-Mannsschild, die Horstsegge und der Blaugrüne Steinbrech auf.

Mensch und Natur

Mensch und Natur
Miscì bei Campill

Das Gadertal

Das Gebiet von Hochabtei zählt zweifelsfrei zu den Tourismushochburgen Südtirols. Skitourismus und Wintersport allgemein, aber auch Wander- und Klettermöglichkeiten locken viele Besucher ins Gebiet. Neben einer abwechslungsreichen Kultur- und Naturlandschaft wird das Landschafts- und Dorfbild mitunter von Skiliften, Hotels und Beherbergungsbetrieben geprägt.

Die Naturparkgemeinde Wengen hat ihren ursprünglich bäuerlichen Charakter noch am ehesten beibehalten und besitzt als einzige ladinische Gemeinde kein eigenes Skigebiet. Am ausgedehnten Sonnenhang verstreut stehen die typischen ladinischen Weiler, "Viles" genannt, mit ihren urtümlichen Holzbauten. Die Bevölkerung lebt von Landwirtschaft und Handwerk, ein sanfter naturnaher Tourismus belebt aber auch dieses Dorf.

St. Vigil in Enneberg ist durch die Seilbahn- und Pistenverbindung zum Kronplatz zu einem Touristenzentrum ersten Ranges herangewachsen. In den über den Berghang verstreuten Weilern und im alten Hauptort Enneberg-Pfarre, dessen behäbige Steinbauten die einstige gewichtige öffentliche Funktion demonstrieren, scheint hingegen die Zeit stehen geblieben zu sein. Durch St. Vigil führt auch der wichtigste Zugang ins Herzstück des Naturparks, nämlich das zwischen hohen Felswänden nach Pederü führende Val de Mareo.

Das Pustertal

Den Pustertaler Teil des Naturparks prägen ruhige Gebiete, aber auch touristische Highlights. Die aus den Bellerophon- bzw. Quarzphyllitschichten entspringenden Schwefel- und Eisenquellen von Bad Bergfall am Fuß ausgedehnter Nadelwälder waren bereits in uralten Zeiten geschätzt. Auf einem Gemälde in der Badkapelle sind die medizinischen Indikationen angeführt: "Hüfftwehe, Ischiatica, Gliedersucht, versaltznes Geblueth, Gücht, Podagra, weibliche Zuständ ...". Am Schattenhang über Welsberg versprach hingegen die aus dem Quarzphyllit entspringende Badquelle Waldbrunn Heilung.

Lange Autokolonnen wälzen sich im Sommer unablässig ins sonst ruhige Pragsertal. Sie haben nur ein Ziel: den Pragser Wildsee, der - eingezwängt in einen wildromantischen Felsenkessel - als beeindruckendster See der Dolomiten gilt, eine landschaftliche Sensation sozusagen.

Von einzigartiger Schönheit ist auch die Plätzwiese. Beinahe wäre die Plätzwiese aber hinsichtlich Tourismusrummel mit der Seiser Alm vergleichbar gewesen. Liftkarusselle, Tennisplätze, eine Bauzone für Touristen und Großparkplätze waren bereits geplant. Durch die Ausweisung des Naturparks konnte die Plätzwiese aber in letzter Minute vor dem Massentourismus gerettet werden.