Stehendes Gewässer mit Unterwasservegetation ohne Gefässpflanzen (Charetea)

Pflanzensoziologie: Der Lebensraum wird von untergetauchten Armleuchtergesellschaften charakterisiert, die der Klasse Charetea fragilis entsprechen. Als FFH-Lebensraum sind allerdings nur Charetea-Bestände der oligo- bis mesotrophen Gewässer eingestuft. Eutrophe und degradierte Ausbildungen werden somit nicht berücksichtigt. Die Bestimmung von unterschiedlichen Armleuchter-Gesellschaften mit Charakterarten aus den Gattungen Chara und Nitella ist nur durch Spezialisten möglich.

Beschreibung

Es handelt sich um stehende Gewässer mit untergetauchten, im Gewässergrund verankerten Rasen makroskopischer Algen der Gattungen Chara u/o Nitella (auf den ersten Blick können sie mit Moosen oder Gefäßpflanzen verwechselt werden, da ihre verzweigten Strukturen den Blattwirteln einiger Wasserpflanzen ähneln). Manchmal bilden sie Gemeinschaften mit Makrophyten (Gefäßpflanzen des Wassers) aus. Generell zeichnen sich diese Lebensgemeinschaften durch hohe Natürlichkeit aus.

Übereinstimmung mit anderen Klassifizierungssystemen

Natura 2000, Checkliste der Lebensräume Südtirols, Corine, EUNIS.

Verbreitung

Wie alle Wasserpflanzen-Gesellschaften haben auch Armleuchtergesellschaften ein großes Verbreitungsareal. Sie kommen sowohl im Alpenraum als auch in den kontinentalen Gebieten Europas vor, wenngleich in sehr verschiedenen Ausprägungen. Sie bevorzugen kalkhaltige Substrate. Als herausragende Beispiele in Südtirol sind einige kleinere Seen des Naturparks Fanes-Sennes-Prags (Piciodèl See, Prags) und des Naturparks Sextner Dolomiten (einige Abschnitte des Dürrensees) und verschiedene temporäre Gewässer in Erdrutschzonen oberhalb der Armentara-Wiesen zu nennen.

Ökologie

Es handelt sich um flachgründige Gewässer, wie z. B. kleine Seen oder auch temporäre Gewässer im Dolomitgebiet, die durch sandig-schlickige alluviale Einträge und durch kontinuierlichen Wasseraustausch charakterisiert sind. Letzterer trägt zum Erhalt eines relativ nährstoffarmen Zustandes bei — auch in jenen Lebensräumen, die im Hochsommer eher eutroph erscheinen. Die verschiedenen, noch wenig bekannten Chara- und Nitella-Arten gedeihen unter ganz bestimmten ökologischen Voraussetzungen und werden oft in der Berechnung von Wasser-Güte-Indices verwendet.

Typische Pflanzenarten

Typische   Arten Artname Deutsch Dominante Arten Charakteristische   Arten Arten der Roten   Liste Südtirols Geschützte   Arten (Naturschutzgesetz) Anmerkungen
Chara sp. Armleuchteralgen x       Genauere   Untersuchungen über die in Südtirol vorkommenden Arten sind noch ausständig
Nitella sp.

Glanzleuchteralgen

x      

Oft kommt nur eine der bestandesbildenden Arten vor, die dann meist dominant ist.

Biologische Wertigkeit

Die eher artenarmen kleineren Seen der montanen bis alpinen Stufe sind ein Lebensraum von grundlegender Wichtigkeit für die Fortpflanzung und das Leben vieler Arten, vor allem von Wirbellosen.

Funktion des Lebensraumes

Es sind keine Formen direkter Nutzung bekannt. Stellenweise können Armleuchteralgen einen größeren Anteil des Gewässer-Grundes einnehmen und mit ihren leuchtenden Farben der Landschaft eine bemerkenswerte Note verleihen.

Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen

Während ein Gewässer mit Chara-Vegetation als solches zu erkennen unproblematisch ist, ist für die Bestimmung der verschiedenen Chara- oder Nitella-Arten eine Aufsammlung und Kontrolle durch Spezialisten erforderlich. Das Problem der richtigen Bestimmung für Natura 2000 stellt sich oft bei größeren Seen, zumal abschnittsweise, besonders wenn auch Gefäßpflanzen (Potamion s.l.) vorkommen, die trophischen und somit ökologischen Voraussetzungen von den typischen Chara-Standorten abweichen. In solchen Fällen kann das Vegetationsmosaik (Verteilung der Vegetationseinheiten) als Gesamtes herangezogen werden. Falls spezielle Pflegemaßnahmen notwendig sind, sollten die Flächen in verschiedene Abschnitte unterteilt und diese unterschiedlich beurteilt werden.

Entwicklungstendenzen und Gefährdung

Alle stehenden Gewässer verlanden mit der Zeit. Dieser Prozess nimmt im Fall von sehr großen und tiefen Gewässern sehr lange Zeiträume in Anspruch. Die Situation dieser Lebensräume ist daher, abgesehen von den jahreszeitlichen Schwankungen, recht stabil, zumindest solange keine Störung oder Verschmutzung der Gewässer stattfindet. Im Falle von Teichen und Tümpeln kann die geomorphologische Dynamik deren vollständiges Verschwinden zur Folge haben oder aber zu neuen Gewässerbildungen in der unmittelbaren Nachbarschaft führen. In diesen stellen die Gemeinschaften mit Armleuchteralgen ein Pionierstadium dar und werden bald durch die Konkurrenz von Gefäßpflanzen verdrängt. Wie bei allen Feucht- und Nasslebensräumen sollten drohende Gefährdungen im Auge behalten und vermieden werden. Dazu zählen Wasserverschmutzung,  Wasserfassungen und Entwässerungen.

Pflege und Naturschutz

In der Regel besiedeln Gesellschaften mit Armleuchteralgen Standorte von hoher Natürlichkeit. Manchmal können die Standorte jedoch großem touristischen Druck ausgesetzt sein und sollten daher regelmäßig beobachtet und kontrolliert werden, wie im Übrigen andere Wasser-Lebensräume auch. In weiten Teilen des Alpenraumes sind diese Lebensgemeinschaften noch nicht untersucht worden, entweder weil sie sehr kleinräumig sind oder sich innerhalb von Waldgebieten befinden und daher kaum auffindbar sind. Allerdings ist für die nächste Zukunft ein Projekt zur Erhebung der Characeae in Österreich und Liechtenstein geplant, welches auch Südtirol mit einbeziehen soll.

Lasen C., 2017 – Beschreibung der Lebensräume Südtirols. Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.

MM