Vegetation der Silikatfelsen (Androsacetalia vandellii)
Pflanzensoziologie: Die Chasmophytenvegetation (spaltenbewohnende Vegetation) der Silikatfelsen ist weniger differenziert als jene der Kalkfelsen. Sie fällt in die Ordnung Androsacetalia vandellii und schließt drei Verbände ein: das Androsacion vandellii, das Asplenion septentrionalis (thermoxerophiler, d. h. in tieferen Lagen und/oder an sonnigeren Standorten als das Androsacion vandellii) und das seltene Asplenion serpentini (auf Serpentinfelsen).
Beschreibung
Pioniervegetation der Silikatfelswände, oft reich an Moosen und Flechten, an sonnen- oder schattenexponierten Lagen jeder Höhenstufe.
Übereinstimmung mit anderen Klassifizierungssystemen
Natura 2000, Checkliste der Lebensräume Südtirols, Corine, EUNIS.
Verbreitung
In ganz Europa verbreiteter Lebensraum, also auch in Südtirol und zwar in den Gebieten, in denen silikatische Substrate vorherrschen.
Ökologie
Diese Pioniergesellschaften sind stark wechselnden ökologischen Bedingungen ausgesetzt. Auf sonnenexponierten Felsen kommt es zu starken Temperaturschwankungen und zu Perioden ausgesprochener Trockenheit. Serpentin-Felsen sind außerdem schwermetallhaltig, was eine zusätzliche Anpassung der Flora erfordert. So treten hier einige spezielle Ökotypen (ökologische Anpassungen von geringer taxonomischer Relevanz) von weit verbreiteten Blütenpflanzenarten sowie spezialisierte Farnarten auf.
Typische Pflanzenarten
Typische Arten | Artname Deutsch | Dominante Arten | Charakteristische Arten | Arten der Roten Liste Südtirols | Geschützte Arten (Naturschutzgesetz) | Anmerkungen |
Asplenium septentrionale | Nordischer Streifenfarn | x | ||||
Primula hirsuta | Drüsige Primel | x | x | |||
Saxifraga exarata | Furchen-Steinbrech | x | x | |||
Woodsia alpina | Alpen-Wimperfarn | x | ||||
Bupleurum stellatum | Stern-Hasenohr | CR | ||||
Notholaena marantae | Europäischer Pelzfarn | NT |
Oft kommt nur eine der Leitarten vor, die dann meist dominant ist.
Biologische Wertigkeit
Die Flora der Silikatfelsspalten ist weniger artenreich als jene der Kalk- oder Dolomitfelsspalten; lokal können aber einige Seltenheiten vorkommen.
Funktion des Lebensraumes
Reich mit Flechten bewachsene Felswände bergen einen besonderen landschaftlichen Reiz.
Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen
Die richtige Zuordnung dieser Bestände zu ihrem Lebensraum sollte keine Schwierigkeiten bereiten. Zuweilen handelt es sich um artenarme Habitate ohne echte Chasmophyten, d. h. ausschließlich an senkrechten Wänden vorkommende Spalten-Bewohner. Von den schattenliebenden Gesellschaften weisen einige Ähnlichkeiten mit jenen der Kalkfelsen (Cystopteridion) auf. In großer Höhe geht dieser Lebensraum in jenen der lange schneebedeckten Geröll-Blockhalden über und es kommt zur Bildung von Mosaiken zwischen den entsprechenden Vegetationstypen.
Entwicklungstendenzen und Gefährdung
Diese Pionier-Bestände sind langfristig stabil. Eine Bodenbildung ist nur in schmalen Felsspalten möglich, die dann auch von Arten aus den angrenzenden Rasen besiedelt werden können.
Pflege und Naturschutz
Eine Gefährdung ist für die meisten Felsspalten-Gesellschaften nicht gegeben, außer es kommt zur physischen Zerstörung der Felswände selbst. Die selten auftretenden Serpentinfelsen sind in Südtirol aus naturkundlicher Sicht noch wenig erforscht.
Lasen C., 2017 – Beschreibung der Lebensräume Südtirols. Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.
MM
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