Tal-Fettwiesen der kollinen bis untermontanen Stufe (Arrhenatherion)
Pflanzensoziologie: Zu diesem Lebensraum zählen alle mehr oder weniger regelmäßig gedüngten und mindestens zweimal jährlich gemähten Wiesen, welche in den Verband Arrhenatherion elatioris (Molinio-Arrhenatheretea) zu stellen sind. Je nach Art der Nutzung präsentieren sich diese Wiesen in unterschiedlichen Aspekten. Sie können nitrophil und relativ gestört sein, verhältnismäßig magere Übergänge zu Halbtrockenrasen (Brometen) ausbilden oder in höheren Lagen Elemente von Bergwiesen (Triseten) enthalten. In pflanzensoziologischer Hinsicht werden sie jedoch kaum unterschieden.
Beschreibung
Es handelt sich um zusammenhängende Krautformationen mittlerer bis hoher Statur, die sich aus verschiedenen Gramineen, begleitet von anderen Arten, zusammensetzen. Manche Wiesentypen fallen vor dem zweiten Schnitt durch eine reiche Doldenblütler-Blüte auf.
Übereinstimmung mit anderen Klassifizierungssystemen
Natura 2000, Checkliste der Lebensräume Südtirols, Corine, EUNIS.
Verbreitung
Diese Gesellschaften sind auf dem gesamten europäischen Festland häufig und auch in Südtirol sehr gut vertreten.
Ökologie
Es handelt sich um sekundäre Wiesengesellschaften, die bei mehr oder weniger starker Düngung regelmäßig gemäht werden. Sie reichen von den Talniederungen an sonnigen Hängen bis auf etwa 1500 m hinauf, während sie in schattigen und weniger warmen Lagen lediglich eine Höhe von knapp 1000 Metern erreichen. Die Hangneigung kann sehr variieren. Es handelt sich um Formationen auf Standorten mittlerer Feuchte; nur die extremsten Standorte werden gemieden. Die Böden sind durchwegs tiefgründig, neutral bis leicht sauer, gut nährstoffversorgt und selten länger trocken.
Typische Pflanzenarten
Typische Arten | Artname Deutsch | Dominante Arten | Charakteristische Arten | Arten der Roten Liste Südtirols | Geschützte Arten (Naturschutzgesetz) | Anmerkungen |
Arrhenatherum elatius | Glatthafer | x | x | |||
Anthriscus sylvestris | Wiesen-Kerbel | x | ||||
Dactylis glomerata | Gewöhnliches Knäuelgras | x | ||||
Festuca pratensis | Wiesen-Schwingel | x | ||||
Holcus lanatus | Wolliges Honiggras | x | ||||
Poa pratensis | Wiesen-Rispengras | x | ||||
Poa trivialis | Graben-Rispengras | x | ||||
Rhinanthus alectorolophus | Zottiger Klappertopf | x | ||||
Rumex acetosa | Wiesen-Sauerampfer | x | ||||
Trifolium pratense | Wiesen-Klee | x | ||||
Campanula patula | Wiesen-Glockenblume | x | ||||
Crepis biennis | Wiesen-Pippau | x | ||||
Geranium pratense | Wiesen-Storchschnabel | x | ||||
Taraxacum officinale agg. | Artengruppe Gewöhnlicher Löwenzahn | LC! |
Oft kommt nur eine der Leitarten vor, die dann meist dominant ist.
Biologische Wertigkeit
Optimal ausgebildete Wiesen dieses Typs sind relativ artenreich; es fehlen aber in der Regel sehr seltene Pflanzenarten und solche von biogeographischem Interesse. Bei mäßiger Düngung ist auch die Invertebratenfauna (Heuschrecken und Schmetterlinge) vergleichsweise vielfältig.
Funktion des Lebensraumes
Die Fettwiesen sind ein Kennzeichen vieler Talniederungen und in einigen Tälern prägen sie die Landschaft. Das gewonnene Futter ist (bzw. war) die Ernährungsgrundlage der Hausrinder.
Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen
Typische und gut erhaltene Glatthaferwiesen können mit keinem anderen Wiesentyp verwechselt werden. In den Hochlagen sind Übergangsformen zu den Triseten (wobei die Grenze unklar ist) zu erwarten. Wo die Düngung zu spärlich ausfällt, gehen sie in Brometen über. In solchen Fällen sind diese bereits an den Rändern und an den steileren, trockeneren Abschnitten der Wiese deutlich zu erkennen. Es mangelt nicht an feuchten (heute aber immer selteneren) Ausprägungen, die den Übergang zu den Pfeifgraswiesen (Molineten) kennzeichnen. Das massive Auftreten einiger Arten, wie zum Beispiel von Taraxacum officinale agg., Anthriscus sylvestris, Heracleum sphondylium und Poa trivialis weist auf Bewirtschaftungsprobleme hin, bedingt durch eine unverhältnismäßig starke Düngung. Im Falle einer Beweidung lässt sich die Grundstruktur der Glatthaferwiese zwar noch erkennen, sie weist aber bereits Arten des Cynosurions auf (auch wenn diese niemals dominant sind). Eine ähnliche Auswirkung ist bei vorzeitigen Schnitten zu erwarten.
Entwicklungstendenzen und Gefährdung
Die Glatthaferwiesen sind vor sehr langer Zeit als Folge der Abholzung von Wäldern (meist Laubwäldern) entstanden, welche die potentielle Vegetation darstellen. Sie können nur durch regelmäßige Schnitte, den Abtransport des Heus und durch eine ausgewogene Düngung erhalten werden. Eine eventuelle Bewirtschaftungsauflassung fördert an frischen Standorten der Talsohle und auf wenig steilen Hängen das Aufkommen der Gemeinen Esche oder anderer Gehölzarten, deren Samen vielfach aus umliegenden Heckensäumen stammen.
Pflege und Naturschutz
Eine gute Pflege dieser Wiesen setzt einen regelmäßigen Schnitt und eine moderate Düngung voraus. Ein übermäßiger Gülleeintrag kann ihren landschaftlichen Wert mindern, indem die Artenzahl sinkt und Pflanzen mit weniger attraktiven Blüten gefördert werden. Hört die Mahd auf, kommen robustere Arten auf; eine fehlende Düngung andererseits hat zu Folge, dass Arten der mageren und trockenen Wiesen (Festuco-Brometea) einwandern.
Lasen C., 2017 – Beschreibung der Lebensräume Südtirols. Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.
MM
Andere Pressemitteilungen dieser Kategorie
- Basiphile alpine Rasen (Seslerietalia s.l.) (05.09.2017)
- Alpine Rasen auf saurem Substrat (Caricetea curvulae) (05.09.2017)
- Basiphile Schneetälchen (Arabidion caeruleae) (05.09.2017)