Legföhren-Hochmoore (Pinetum rotundatae und/oder Pino mugo-Sphagnetum)

Pflanzensoziologie: Das Endstadium eines Hochmoores, in dem die Legföhre (Latsche) auf Torfmoosbulten wächst entspricht dem Pinetum rotundatae oder dem Pino mugo-Sphagnetum. Pinus rotundata ist eine Übergangssippe hybridogenen Ursprungs zwischen der Latsche (Pinus mugo) und der Spirke (Pinus uncinnata). Eine genaue Erhebung dieser schwer fassbaren Sippe ist in Südtirol und angrenzenden Gebieten nach wie vor ausständig.

Beschreibung

Es handelt sich um das Waldstadium eines Hochmoores. Es hat Strauchcharakter und wird nie höher als zwei bis drei Meter. Die Latschen werden von wenigen Heidekrautgewächsen und einigen Seggen-Arten begleitet.

Übereinstimmung mit anderen Klassifizierungssystemen

Natura 2000, Checkliste der Lebensräume Südtirols, Corine, EUNIS.

Verbreitung

Die Verbreitung dieser Lebensgemeinschaft beschränkt sich auf Gebiete mit ganz bestimmten bioklimatischen Bedingungen in Nord- und Mitteleuropa sowie einigen Reliktstandorten südlich der Alpen, die als Überreste der Eiszeit gelten. In Südtirol sind herausragende Beispiele dieses Typs vorhanden, unter anderem jene der Villanderer Alm, die besonders großflächig und in vielfältiger Weise mit anderen Moorlebensräumen verbunden sind.

Ökologie

Diese Lebensgemeinschaft entsteht nur unter sehr selektiven ökologischen Voraussetzungen. Das Mikroklima ist kalt und feucht, die Vegetationsperiode darf allerdings nicht zu kurz sein. Der Lebensraum hat sein Optimum in der montanen Stufe; nur selten steigt er über 2100  m. Das Substrat besteht ausschließlich aus organischem Material, nämlich saurem Sphagnum-Torf; im oberen Teil der Bulte kann es zeitweise zu relativer Trockenheit kommen. Hier siedelt sich die Latsche an, deren Wurzeln nicht bis zum Mineralbodenwasser (dem Grundwasser) hinabreichen.

Typische Pflanzenarten

Typische Arten Artname Deutsch Dominante Arten Charakteristische   Arten Arten der Roten   Liste Südtirols Geschützte Arten (Naturschutzgesetz) Anmerkungen
Pinus mugo Leg-Föhre, Latsche x        
Sphagnum magellanicum Magellans Torfmoos x       Natura-2000-Art   (Anhang V); bislang wurde noch keine Rote Liste der Torfmoose erstellt. Eine   Gefährdung einiger Sphagnum-Arten   ist aber anzunehmen.
Vaccinium myrtillus Heidelbeere x        
Vaccinium vitis-idaea Preiselbeere x        
Andromeda polifolia Rosmarinheide     EN x  
Carex pauciflora Armblütige Segge     NT    
Vaccinium microcarpum Kleinfrüchtige Moosbeere     NT    
Vaccinium oxycoccos s.str. Gewöhnliche Moosbeere     EN x  

Oft kommt nur eine der Leitarten vor, die dann meist dominant ist.

Biologische Wertigkeit

Die Legföhren-Hochmoore sind von außerordentlichem naturkundlichen Wert, nicht nur was die seltenen Arten (auch an Wirbellosen) betrifft sondern auch, weil sie aufgrund ihrer sehr speziellen ökologischen Beschaffenheit ein Archiv nacheiszeitlicher Geschichte sind.

Funktion des Lebensraumes

Der Lebensraum eignet sich kaum zur Gewinnung von Holz oder sonstigen pflanzlichen Erzeugnissen. Die ursprünglichen Latschenhochmoore sind aufgrund ihrer Natürlichkeit ein landschaftliches Juwel.

Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen

Die den Lebensraum kennzeichnenden Gesellschaften sind in ihrem Erscheinungsbild und ihrer Struktur unverwechselbar. Sie können aber als Folge ehemaliger Störungen zu Fragmenten reduziert sein. Solche Degenerations-Phasen sind reicher an Birken oder an verschiedenen strauchartigen Gehölzen.

Entwicklungstendenzen und Gefährdung

Die Latschen-Hochmoore stellen ein Entwicklungsstadium dar, das – bezogen auf die Entwicklungszeiten eines Hochmoores – sehr lange anhält und daher oft Endcharakter hat. Die potentielle Klimaxvegetation in Bereichen, wo diese Moore zu finden sind, ist der Fichtenwald. Es dauert allerdings sehr lange, bis sich ein solcher  einstellt. Die Latsche kommt nach und nach spontan mit dem Anwachsen der Bulten im Herzen des noch intakten Hochmoores auf.

Pflege und Naturschutz

Dieser naturkundlich außerordentlich wertvolle Lebensraum sollte keinerlei Pflegemaßnahmen unterzogen werden. Verschiedene Gefährdungen sind möglich: der Abtransport des Holzes, die Salzstreuung entlang angrenzender Straßen, Entwässerungen oder Wasserfassungen, querende Skipisten, aber auch Trittschäden. Um den Zugang für ein naturinteressiertes Publikum zu ermöglichen, können erhöhte Holzstege dienlich sein. Auch Hirschpopulationen können Löcher graben, was aber die Entwicklungsprozesse eines Waldmoores mit Latschen nur sehr selten beeinträchtigt.

Lasen C., 2017 – Beschreibung der Lebensräume Südtirols. Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.

MM