Subalpine (und primäre azonale) Fichtenwälder

Pflanzensoziologie: Die meisten Gesellschaften dieses Typs sind der Klasse Vaccinio-Piceetea eingegliedert. Die Assoziationen auf silikatischen Substraten gehören dem Verband Piceion excelsae an, während einige azonale Gesellschaften in das Betulion pubescentis fallen. Zum Chrysanthemo rotundifolii-Piceion zählen Gruppierungen, die auf tendenziell basischen oder schieferartigen Substraten gedeihen oder die reicher an Nährstoffen sind.

In Südtirol gehören folgende Waldtypen zu diesem Lebensraum:

- Subalpiner Schachtelhalm-Fichtenwald
- Subalpiner Silikat-Block-Fichtenwald mit Bärlapp
- Silikat-(Tannen-)Fichten-Blockwald mit Tüpfelfarn
- Silikat-Schlafmoos-Fichten-Blockwald
- Subalpiner Torfmoos-Fichtenwald
- Karbonat-Block-Fichtenwald mit Strichfarn
- Karbonat-Block-Fichtenwald mit Schneeheide
- Subalpiner Silikat-Alpenlattich-Fichtenwald mit Heidelbeere
- Subalpiner Silikat-Preiselbeer-Fichtenwald
- Subalpiner Silikat-Alpenlattich-Fichtenwald mit Wollreitgras
- Subalpiner Silikat-Preiselbeer-Fichtenwald mit Laserkraut
- Subalpiner bodenbasischer Sauerklee-Fichtenwald
- Subalpiner Karbonat-Fichtenwald mit Kahlem Alpendost
- Subalpiner Karbonat-Zwergbuchs-Fichtenwald
- Tiefsubalpiner Fichtenwald mit Latsche
- Subalpiner Hochstauden-Fichtenwald
- Subalpiner Farn-Fichtenwald mit Grün-Erle
- Subalpiner Silikat-Fichtenwald mit Moosglöckchen

Beschreibung

Es handelt sich meistens um lichte, schwerpunktmäßig subalpin verbreitete Wälder, in denen die Fichte dominiert und von der Lärche sowie marginal von der Zirbe begleitet wird. In der Strauchschicht können verschiedene Heidekrautgewächse auftreten, insbesondere Alpenrosen und Heidelbeeren, aber auch Zwerg-Wacholder, Grün-Erle und Vogelbeere. Einige Typen enthalten üppige Populationen aus Farnen und/oder Hochstauden, während bei anderen die Anhäufung unzersetzter Nadeln die Artenvielfalt einschränkt. Wieder andere Typen sind von Hochgräsern dominiert, andere besiedeln de Stein- und Grobblockhalden. Die Mooskomponente ist oft wichtig und für einige Typen sogar kennzeichnend.

Übereinstimmung mit anderen Klassifizierungssystemen

Natura 2000, Checkliste der Lebensräume Südtirols, Corine, EUNIS.

Verbreitung

Die Fichtenwälder sind hauptsächlich im zentralen bis östlichen Alpenraum verbreitet. Gegen Westen werden sie immer seltener, um in den südlichen Gebieten mit mediterranem Einfluss gänzlich zu verschwinden. In Südtirol sind sie ausgesprochen häufig. In einigen Tälern wurde aber die Lärche bevorzugt, weil sie sich gut zur Beweidung eignet.

Ökologie

Die Ökologie der klimatogenen subalpinen Fichtenwälder ist standortbedingt sehr variabel. Die Wälder treten zwischen (1500-)1700 m und 2100(-2250) m auf. Die Böden sind von unterschiedlicher Beschaffenheit, was ihre Mächtigkeit, Feuchtigkeit und die Verfügbarkeit an Nährstoffen angeht. Auch die Böden auf karbonatischem Gestein versauern aufgrund der langsamen Zersetzung der Nadeln. Die ausgesprochene Plastizität und Konkurrenzfähigkeit der Leitarten führen zu einer Vielzahl von Untertypen, die von frisch-feucht bis mäßig trocken reichen. Sie gedeihen auf felsigen Steilhängen, in Becken und Dolinen (kreisförmige Karstvertiefungen) und sogar auf Bachalluvionen (z. B. Aspekte mit Petasites paradoxus in den Dolomiten). Vor allem die azonalen Block-Fichtenwälder grobblockiger Geröllhalden, die von Farnen und/oder Moosen begleitet werden, zeugen von der großen ökologischen Plastizität der Leitarten in unserem Klimabereich.

Typische Pflanzenarten

Typische Arten Artname Deutsch Dominante Arten Charakteristische   Arten Arten der Roten   Liste Südtirols Geschützte Arten (Naturschutzgesetz) Anmerkungen
Picea abies Gewöhnliche Fichte x        
Calamagrostis villosa Woll-Reitgras x        
Vaccinium myrtillus Heidelbeere x        
Corallorhiza trifida Korallenwurz       x  
Cypripedium calceolus Frauenschuh     NT x Natura-2000-Art   (Anhänge II und IV)
Dactylorhiza fuchsii Fuchs-Fingerwurz       x  
Epipogium aphyllum Widerbart     VU x  
Listera cordata Kleines Zweiblatt       x  
Stellaria longifolia Langblättrige Sternmiere     LC!    
Trientalis europaea Europäischer Siebenstern     EN    

Oft kommt nur eine der Leitarten vor, die dann meist dominant ist.

Biologische Wertigkeit

Der Lebensraum beherbergt floristisch wertvolle Arten und wird von vielen Tieren – sowohl Wirbeltieren als auch kleinen Wirbellosen – gern aufgesucht.

Funktion des Lebensraumes

Das Fichtenholz gehört zu den meist verkauften Hölzern. Nicht zu vergessen ist der landschaftliche Wert der Fichtenwälder.

Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen

Im Unterschied zu anderen Formationen ist die Dominanz der Hauptart, der Fichte, im Gelände leicht auszumachen. In der hochmontanen Übergangszone ist die Unterscheidung von montanen und subalpinen Fichtenwäldern nicht immer einfach. In den Mischwäldern mit Lärchen, Latschen, Rot-Föhren, Tannen und/oder Buchen muss von Fall zu Fall die Zugehörigkeit abgewogen werden. Hierbei können die floristische Zusammensetzung und die Art der Verjüngung behilflich sein. Dank ihrer ökologischen Plastizität kann die Fichte auch extremere Standorte wie z. B. Gesteinshalden, Felsklüfte und Torfmoore besiedeln.

Entwicklungstendenzen und Gefährdung

Die subalpinen Fichtenwälder stellen einen wichtigen Klimax-Vegetationstyp dar. An primitiven oder extremen Standorten, an denen die Fichte bereits etabliert ist, sind die Entwicklungsprozesse verlangsamt. In anderen Fällen  setzt sich die Fichte nach und nach durch. Oft lassen sich zum Beispiel von der Fichte beherrschte Verjüngungsstadien innerhalb von Uferformationen mit Grau-Erle, Rot-Föhrenwäldern oder Lärchenwäldern erkennen. In anderen Fällen ist eine Bestandesverjüngung durch die Fichte Teil eines Zyklus, so im Falle der Fichten-Tannenwälder oder der Fichten-Buchenwälder. Unabhängig von der gerade stattfindenden Dynamik können auch andere Formationen, wie saure Buchenwälder und Lärchen-Zirbenwälder, einen größeren Anteil an Fichten enthalten. Nicht zu vergessen sind Jungbestände sekundären Ursprungs, die sich auf aufgelassenen Weideflächen einstellen. In der subalpinen Stufe mischt sich der Fichtenwald generell unter die Lärchen-Zirbenwälder. Die Fichtenwälder sind insgesamt anspruchsvoller in Bezug auf die Niederschlagsmenge, bevorzugen also Hänge und Talschaften mit feuchterem und temperaterem Klima als die Lärchen-Zirbenwälder.

Pflege und Naturschutz

In waldbaulicher Hinsicht zählen die Fichtenwälder zu den wichtigsten Wäldern überhaupt; daher kommt es auch häufig zu Aufforstungen mit Fichte (hauptsächlich in der montanen Stufe). Anhand der Baumdurchmesser und der Merkmale der Verjüngung ist die klassische Unterscheidung zwischen Schutz- und Wirtschaftswald auch im Gelände möglich. Auch an der floristischen Zusammensetzung kann man nutzungsbedingte Störungsphasen erkennen. Wird der subalpine Wald gerodet, etwa um Skipisten oder anderen Infrastrukturen Platz zu machen, braucht es eine lange Zeit, bis sich der Wald wieder etablieren kann.

Lasen C., 2017 – Beschreibung der Lebensräume Südtirols. Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.

MM

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