Naturpark Texelgruppe

Lebensraum Naturpark

Geologie

Geologie
Marmorbänder in der Lodner Gruppe

In geologischer Hinsicht gehört der Naturpark Texelgruppe zur Gänze den Zentralalpen an. Die kristallinen Gesteine werden grob zu drei Einheiten zusammengefasst: dem Stubaier Kristallin im Bereich des Timmelsjochs (2509 Meter), dem Ötztaler Kristallin im Gebiet des Schnalser Kammes - der so genannten "Zone der Alten Gneise" im Süden - und dem "Schneeberg Zug", der den größten Teil des Gurgler Kammes einschließlich der Hohen Wilde aufbaut.

Im Bereich des Granatenkogels, zum Gurgler Kamm gehörend, findet man dunkelrote Granate, die manchmal Faustgröße erlangen können. In den Gneisen und Glimmerschiefern ist gelegentlich Marmor eingelagert. Besonders beachtenswert sind die langgezogenen Marmorbänder am linken Hang des Pfelderer Tales und in der Lodner Gruppe. Der markante Tschigat-Gipfel ist aus Granitgneis aufgebaut.

Wasser und Eis haben zur Gestaltung der Berge und Täler wesentlich beigetragen. Während der Eiszeit bedeckten mächtige Gletscher das heutige Parkgebiet. Dabei wurden Quellmulden zu Karen umgeformt, das Profil der Täler ausgerundet und im Bereich der Talböden entstanden Schliffrücken- und Rundbuckellandschaften sowie Hängetäler. Berühmteste Attraktion ist der Partschinser Wasserfall im Burggrafenamt, der zur Schneeschmelze im Frühjahr zu den eindruckvollsten Fällen im gesamten Alpenraum zählt: Der wasserreiche Zielbach schießt mehrere Meter über eine Felswand hinaus, um dann als tosender Wasserfall rund 97 m in die Tiefe zu stürzen.

Der Naturpark Texelgruppe ist - dank des bedeutenden Speichervermögens der weit verbreiteten Lockergesteine und dem gewaltigen Abschmelzen der Gletscher - sehr wasserreich. Das Herzstück bilden die Spronser Seen, die zusammen mit den umliegenden Dreitausendern und den darunter liegenden Almen ein Bild von einmaliger landschaftlicher Schönheit bieten. Die rund 20 Seen des Naturparks verdanken ihre Entstehung durchwegs Gletschern, die entweder Felsbecken ausgegraben oder Kare durch wasserstauende Moränen abgedämmt haben. Diese in der Zone der "Alten Gneise" gelegenen Gewässer bilden die größte hochalpine Seenplatte.

Flora und Fauna

Flora und Fauna
Zwergstrauchheide

Mit einem Höhenunterschied von fast 3000 Meter umfasst der Naturpark die gesamte Palette der Lebensgemeinschaften Südtirols, von der Obergrenze der submediterranen Vegetationszone bis zur Schneegrenze.

Auf den südlichen Hängen des Vinschgauer Sonnenberges hat sich aufgrund der extremen Trockenheit im Vinschgau (ausgeprägtes Trockenklima mit 550 Millimeter Niederschlag/Jahr), der starken Sonneneinstrahlung, der Waldrodung in den vorangegangenen Jahrhunderten sowie der jahrhundertelangen extensiven Nutzung als Weide eine sekundäre Steppenvegetation entwickelt. Die Hänge sind heute sehr locker mit Wacholderbüschen und mit einem bunten Gemisch von Beeren tragenden Sträuchern bewachsen. Hier haben verschiedene osteuropäische Steppenbewohner und wärmeliebende, mediterrane Vertreter der Pflanzen- und Tierwelt ideale Lebensbedingungen vorgefunden.

Einige Reptilien,wie die Aspisviper und die Smaragdeidechse oder Insekten wie die Gottesanbeterin erreichen hier eine beachtliche Verbreitung. Außerdem ist dies die einzige Zone Südtirols, in der - wenn auch nur vereinzelt - die Heidelerche, die Sperbergrasmücke und der Brachpieper verbreitet sind. Wärmebedürftige Arten, wie die Zippammer, der Ortolan, die Felsenschwalbe, das Steinhuhn, der Steinrötel, die Orpheusgrasmücke und die Zaunammer erreichen entweder eine besonders hohe Bestandsdichte oder haben hier ihr nördlichstes Vorkommen.

Die Südhänge der Texelgruppe sind bis auf ungefähr 1000 Höhenmeter hinauf mit Laubmischwäldern und Föhrenbeständen bewachsen. In den feuchteren Taleinschnitten finden sich Buchen und Weißtannen, während auf den trockeneren Standorten Kastanien, Flaumeichen, Eschen, Birken, Grauerlen, Hainbuchen, Feld- und Bergahorne stehen. Laubmischwälder bieten den verschiedensten Vogelarten und Kleinsäugern die besten Lebensbedingungen. Auch für das Rehwild sind gute Einstände zu verzeichnen.

An den steilen, besonnten, weitgehend auch felsigen Hängen des Schnalstales treffen wir auf ausgedehnte Lärchenwälder. Sie sind von Wacholder und Berberitze durchsetzt. Das Schnalstal kann als das "Lärchental Südtirols" bezeichnet werden. Die Lärche ist ein Rohboden- und Lichtkeimer und ist imstande, auch sehr steile Hänge zu besiedeln. Die tief wurzelnde Lärche bewahrt das Tal vor Erosion und Verwüstung durch Lawinen und Muren.

Das Pfelderer- und das Passeiertal weisen - im Gegensatz zu den sonnigen Hängen des Vinschgaus - weniger steile Bergflanken, höhere Niederschlagsmengen und niedrigere Temperaturen auf. Weite Fichtenwälder, vermischt mit einzelnen Lärchen, bestocken in Höhen von 800 und 1900 Metern die Hänge. Nadelwälder sind an Tierarten weitaus ärmer als die Laub- und Mischwälder. Hier leben das Eichhörnchen, der Schwarzspecht und der Fichtenkreuzschnabel, das Wintergoldhähnchen und die Tannenmeise.

Zwischen der Waldgrenze (etwa bei 1900 Meter) und den alpinen Grasheiden liegt meist ein Zwergstrauchgürtel. Mächtige, verwitterte Zirben, krumm gewachsene Lärchen und Alpenrosen mit den leuchtend roten Blüten prägen das Landschaftsbild der Zwergstrauchheide. Die Besenheide, Bärentraube und Alpenheide, Krähen- und Preiselbeere bilden oft dichte, ausgedehnte Teppiche - durchbrochen von Felskuppen und Felsblöcken. Im Bereich der oberen Waldgrenze (in aufgelockerten Beständen, doch mit einem an Zwergsträuchern reichen Unterwuchs) halten sich das Auer- und das Birkwild auf. Nur selten zu sehen sind im Naturpark Tierarten wie Siebenschläfer, Marder, Dachs oder Fuchs, die in der Dämmerung und in der Nacht aktiv werden.

Über der Baum- und Strauchgrenze bedecken ausgedehnte Rasengesellschaften die Hänge. Sie werden zum Teil als alpine Weiden genutzt und haben somit im Lauf der Jahrhunderte eine entsprechende Auslese und Veränderung erfahren. Zu Bergwiese und Alm gehört das Murmeltier. Vor allem auf dem Weg vom "Vorderkaser" zum "Eishof" ist sein warnender Pfiff häufig zu hören. Mit ein wenig Glück ist es in diesen Zonen möglich, das Hermelin und den Schneehasen zu beobachten.

Auf nacktem Fels leben Polster- und Rosettenpflanzen. Sie ertragen Trockenheit und extremes Licht. Mit ihren langen Wurzeln dringen sie in Spalten und Risse des Gesteins ein. Den extremen Verhältnissen in der Felsregion haben sich manche Tiere in ihrer Lebensweise bestens angepasst. Gämse und Steinböcke bewegen sich gewandt im steilen und unwegsamen Gelände. Der Steinbock, der von alters her die Hochgebirge Tirols bewohnte, wurde durch zu starke Bejagung gegen Ende des 17. Jahrhunderts ausgerottet, in den letzten Jahren aber wieder erfolgreich eingesetzt. Unter den Vögeln finden wir das Alpenschneehuhn, den Kolkraben und den Steinadler, der hier regelmäßig nistet.

Mensch und Naturpark

Mensch und Naturpark
Rableid

Die Überreste prähistorischer Ansiedlungen, Befestigungsanlagen und Kultstätten beweisen, dass sich der Mensch schon früh in der Texelgruppe angesiedelt hat. Von dieser vorgeschichtlichen Zeit erzählen uns die Kuppenhöhe des "Saxnerknott" oder der Saxnerhof in Oberplars mit seinen Wallmauern, Wohngruben und Schalensteinen sowie zahlreichen Tonscherbenfunden, der Gampbichl oder die so genannten "Nörggelelöcher", das sind zwei Höhlen nordwestlich vom "Saxnerknott". Auch im Bereich der Spronser Seen fand man Schalensteine. Außerdem gab es von Pfelders nach Dorf Tirol einen uralten Totenweg. Nach der Schneeschmelze brachte man die Verstorbenen auf diesem Weg von Pfelders zur Pfarrkirche St. Peter in Dorf Tirol, beerdigte sie dort und ließ gleichzeitig die Neugeborenen taufen.

Im späten Mittelalter wurden aufgrund des Bevölkerungsanstieges bis auf 2000 Höhenmeter hinauf ganzjährig bewirtschaftete Höfe angelegt. Diese sogenannten Schwaighöfe waren im Besitz von Adeligen und wurden zur Bewirtschaftung weiterverpachtet. Die Bewohner dieser Höfe, die ihrem adeligen Grundherren als Zins Käse, Vieheinheiten und Wolle bezahlten, wurden im Gegenzug von diesem mit Getreide und Salz versorgt. Die Selbstversorgungswirtschaft aufgebend, überschritt man damals mit den Schwaighöfen auch die Getreidegrenze. Aus diesen ehemaligen Schwaighöfen sind einige Almen im Naturpark Texelgruppe entstanden, wie die Grafalm, Mitterkaser, Rableit, der Eishof, die Mairalm, die Unterglaneggalm und die Seeberalm. Bis zum Jahr 1897 war der auf 2070 Meter Höhe gelegene Eishof die höchste ganzjährig bewirtschaftete Ansiedlung.

Das Schnalstal hat den größten Schafbestand Südtirols. Es ist ein einmaliges, fast schon archaisches Erlebnis, wenn Ende Juni der endlose Zug von über 1000 Schafen durch Schneefelder und Gletscherfirn über das Hochjoch (2875 Meter), Niederjoch (3019 Meter) und über das Gurgler Eisjoch (3152 Meter) zur Sommerweide auf Ötztaler Almen zieht

Charakteristisches Element der Vinschgauer, aber auch der Burggräfler Kulturlandschaft sind die Bewässerungskanäle, die so genannten Waale. Nur mit diesem ausgeklügelten, jahrhundertealten Bewässerungssystem konnten die Bauern den extrem trockenen und niederschlagsarmen Vinschgau landwirtschaftlich nutzen und bearbeiten. Das Wasser wurde aus den Bächen höher gelegener Täler abgeleitet, manchmal sogar weit über der Waldgrenze gefasst. Als "Wasserleitung" dienten je nach Geländebeschaffenheit in den Erdboden gegrabene Kanäle, in den Fels gehauene Rinnen oder Holzrinnen - die "Kandeln" - die oft in schwindelnder Höhe waghalsig an Felswänden verlegt wurden.

Das Bewässerungswasser oder "Wasserwosser", wie es im Vinschgauer Dialekt genannt wurde, floss mitunter bis zu 20 Kilometer weit, bis es schließlich in immer feineren Verästelungen und "Ilzen" auf den Feldern "ausgekehrt" wurde. Das monotone Geklapper der von einem Wasserrad getriebenen Waalschelle zeigte dem diensthabenden Waaler das reguläre Strömen des Wassers an. In den letzten Jahrzehnten wurden sehr viele Waale aufgelassen und durch moderne Beregnungsanlagen ersetzt. Einige Waale sind aber immer noch in Betrieb und sind gleichzeitig beliebte Spazierwege für Erholungssuchende.