Naturpark Trudner Horn

Lebensraum Naturpark

Geologie

Geologie
Madrutberg

Geologisch gesehen besteht der Naturpark Trudner Horn aus zwei gegensätzlichen Gesteinsarten. Während an der Etschtalflanke die hellen, viel zerklüfteten Dolomitenkalke (wie beispielsweise in Cislon, an der Königswiese, der Madrut und Geier) vorherrschen, setzt sich im Zentrum und im Osten der bräunlich rote Quarzporphyr durch, aus dem auch das Trudner Horn (1817 m) aufgebaut ist.
Der Bozner Quarzporphyr entstand aus glühenden Lavamassen, die sich vor 300 Millionen Jahren aus der zerborstenen Erdkruste ergossen haben. Darüber legten sich der Grödner Sandstein, eine durch trockenes Klima entstandene Gesteinsschicht, die Bellerophon- und Werfener Schichten aus Ablagerungen von seichten Lagunen des Tethysmeeres und dann die bis zu 1500 Meter mächtigen Dolomitkalke (Sarl-, Schlern- und Hauptdolomit). Im Trudner Bach ist diese Schichtabfolge frei einsehbar.

Wandert man beispielsweise von Gschnon zum Gfriller Sattel, dann liegt jedoch der wesentlich ältere Quarzporphyr neben den viel jüngeren Dolomitkalken. Warum? Während der Gebirgsbildung haben gewaltige Erdkräfte die Gebirgsscholle im Osten an der Trudner Bruchlinie um rund 2000 Meter emporgehoben, so dass hier der Quarzporphyr höher als der Dolomit zu liegen kam. Erosionskräfte haben dann die Schichten über dem Quarzporphyr abgetragen. Die Trudner Linie bildet die Grenzlinie zwischen Schwarz- und Weißhorn und zieht sich quer durch den Naturpark. Sie ist insgesamt 27,5 Kilometer lang.
Während der letzten großen Eiszeit bedeckten die Gletscher das Naturparkgebiet fast vollständig. Die Porphyrflächen wurden kuppenförmig abgerundet. Auf den sich bildenden kleinen Ebenen und in den Mulden blieb dann beim Gletscherrückgang sandig-lehmiges, wasserundurchlässiges Moränenmaterial zurück. Deshalb weisen die Porphyrhöhen eine reiche Wasserführung mit zahlreichen Mooren und Feuchtgebieten (Moore am Weißensee, am Gampen und am Langen Moos) auf.
Die Dolomitkalke hingegen verkarsteten. Die Ausbildung eines weit verzweigten Spalt- und Kluftsystems führte zu einer - vorwiegend unterirdischen – Entwässerung.

Lebensräume

Lebensräume
Baumweissling

Die Höhenlage, das Klima, das Wasser und der Boden, die Sonneneinstrahlung und die Luftfeuchtigkeit entscheiden über Standort und Vorkommen von Flora und Fauna. Im Naturpark Trudner Horn treffen wir auf eine breite Palette von Pflanzen: vom subalpinen Fichtenwald bis zum wärmebedürftigen submediterranen Buschwald. Auf kalkhaltigen Böden finden sich vor allem Trockenrasen, Buschwald, Föhren- und Mischwälder. Die Höhenrücken aus Porphyr hingegen sind wegen der reichen Wasserführung von üppigen Nadelwäldern bedeckt und von Feuchtwiesen und Mooren durchsetzt.
Der submediterrane Flaumeichen-Hopfenbuchen-Mannaeschen-Buschwald erreicht im Naturpark Trudner Horn sein nördlichstes Verbreitungsgebiet. Dieser "Staudenwald" mag auf den ersten Blick monoton erscheinen, seine Lebensvielfalt begeistert aber das ganze Jahr über. Noch im späten Winter öffnen sich in kahlen Zweigen die gelben Blüten der Kornelkirsche, die im Sommer rote Früchte trägt. Gegen Ende April leuchten die weißen Blütendolden der Steinweichsel.

Ein Juwel der submediterranen Buschwälder ist die grün und blau schillernde Smaragdeidechse. An heißen Tagen ertönt das Zirpen der Singzikade und im Gebüsch lauert die Gottesanbeterin.
Auf kargen Standorten ist die lichtbedürftige Rotföhre als "Pionierbaumart" den anspruchsvolleren Baumarten überlegen. Unter dem lichten Kronendach gedeihen Erika, Erdseggen, Bärentraube und Adlerfarn. Solche Kiefernwälder stellen für manche Vögel und Kleintiere einen idealen Lebensraum dar; Waldmaus und Dachs finden im felsigen Gelände günstige Möglichkeiten für die Anlage ihres Baues; die kleine rote Waldameise kommt in trockenen Föhrenwäldern sogar als eigene "Kiefern-Rasse" vor. Eine bekannte Erscheinung ist auch der Kiefernprozessionsspinner mit seinen auffälligen weißen Raupengespinstnestern in den Kronen der Föhren.
An den Nord-West-Hängen der Königswiese und des Cislon stehen prächtige Buchen und Tannen. In luftfeuchteren Rinnenlagen steigt die Buche weit in die submediterrane Zone hinunter und lebt in Gesellschaft mit Eibe, Winterlinde, Hopfenbuche und Ahorn. Das Schalenwild liebt diese Wälder. Groß ist auch die Zahl der Vögel, die im Geäst dieses Mischwaldes ihre Nester bauen oder in Baumhöhlen brüten. Meisen, Kleiber, Spechte und Eulen sind typische Baumhöhlenbewohner.

Der Fichten-Tannenwald löst auf rund 1000 Höhenmeter den wärmeliebenden Buchenwald ab, begleitet von Lärche, Eberesche und Alpenwaldrebe.
Zu den Besonderheiten des Naturparks zählen die Rentschwiesen - eine der letzten Heckenlandschaften im Südtiroler Unterland - und die blumenreichen Lärchenwiesen am breiten Porphyrrücken zwischen Truden im Naturpark und Altrei. Hier gedeihen Soldanellen, Krokus, Feuer- und Türkenbundlilien. Für die Tierwelt im Lärchenwald gilt ähnliches wie für jene im Föhrenwald. Auch hier treffen wir Säuger und Vögel an, die alte Bäume mit rissiger Rinde, großen oder kleinen Höhlen und Löchern, aber auch Stein- und Reisighaufen als Brutplätze und Verstecke lieben. Unter den Insekten finden wir Nahrungsspezialisten, die beeindruckendsten unter ihnen sind der Lärchenwickler und die Lärchenminiermotte.

Ein subalpiner Fichtenwald, vereinzelt mit Zirben durchsetzt, bedeckt die rauen Lagen um Hornspitz und Weißsee. Nur in diesen hohen Lagen sind der Kolkrabe und der Schneehase anzutreffen. Kostbarkeiten der Natur sind die Moore am Weißensee, am Gampen und am Langen Moos. Birken, Kiefern und Latschen fristen hier ein zumeist kümmerliches Dasein. Sonnentau und Fettkraut vermögen ihre Nährstoffration mit Insekten wenigstens etwas aufzubessern.

Mensch und Naturpark

Mensch und Naturpark
Fleimstalbahn

Seit Jahrtausenden führen wichtige Handelswege durch Südtirols Süden. St. Florian bei Laag und besonders das im 11. oder 12. Jahrhundert gegründete Straßenhospiz "Klösterle" war ein Hauptverkehrspunkt zwischen Mittel- und Südeuropa. Hier soll auch Albrecht Dürer untergekommen sein, bevor er seinen Weg nach Venedig über den Sauch-Sattel, Cembra und vorbei an den Erdpyramiden von Segonzano fortsetzte. Es war eine Ausweichroute, nachdem wieder einmal die Etsch das Tal überschwemmte.
Eine Seitenstraße der ehemaligen Handelsroute führte auch vom Fleimstal über den sanften Trudner Sattel ins Etschtal. Im 14. Jahrhundert war die Säumerei noch so weit verbreitet, dass es in Truden nicht weniger als fünf Notare gab, wie aus einem Prozess des Jahres 1345 hervorgeht. Die Wichtigkeit dieser Route nahm spätestens dann ab, als anfangs des 20. Jahrhunderts von Auer über Montan ins Fleimstal eine Bahn für den Personen- und Gütertransport realisiert wurde. Am Bau beteiligt waren 3900 zivile Arbeiter, 600 Militärpersonen und 1500 vor allem russische Kriegsgefangene. Trotz positiver Bilanzen fuhr die Fleimstalbahn im Januar 1963 zum letzten Mal und Busse übernahmen den Personentransport.

Die Gemeinden Altrei, Truden im Naturpark und Salurn liegen an der deutsch-italienischen Sprachgrenze. Im Tal bildeten die Überschwemmungen der Etsch eine natürliche Grenze zwischen dem deutschen und dem italienischen Sprachraum. Von großer strategischer Bedeutung war die "Haderburg", das auf einem Felszacken liegende Wahrzeichen des Dorfes Salurn.
In Truden im Naturpark und Altrei, rund tausend Meter oberhalb der Etschebene, spiegelt sich in der Siedlungsstruktur und der Kulturlandschaft die Nähe zum romanisch besiedelten Fleims- und Cembratal wider. In diesen romanischen Ortskernen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
Dass hier das romanische "Realteilungsrecht" galt, ist auch jetzt noch durch die Aufgliederung des Gebiets in Kleinparzellen und durch das Vorhandensein von zahlreichen Nebenerwerbsbetrieben nachvollziehbar. Die besondere sozial-wirtschaftliche Lage hat den neuerlichen Vormarsch der Natur begünstigt: Viele Bergmähder wurden aufgelassen, die alten "Heuschupfen" beginnen zu verfallen, Hartgräser breiten sich aus und langsam ergreift der Jungwuchs von Birken, Erlen, Haseln, Lärchen und Fichten Besitz von dieser Kulturlandschaft, die vor Jahrhunderten dem Fichten-Tannenwald abgerungen wurde.
Heute versucht man durch besondere Maßnahmen und Förderungen einige der ursprünglich freien Flächen wieder herzustellen. Dadurch will man nicht nur die Vielfalt an Lebensräumen im Naturpark erhalten, sondern auch bestimmte, gerade auf diese Habitate angewiesene Tier- und Pflanzenarten fördern.